Warum Vergleiche in den seltensten Fällen uns etwas bringen und meist nur für Unzufriedenheit sorgen?


Für den Biopsychologen Prof. Dr. Peter Walschburger (Freie Universität Berlin) liegt es in der Natur des Menschens sich miteinander zu vergleichen. Fast alles ergibt für unseren Verstand nur dann Sinn, wenn es in Relation zu einer Bezugsgröße steht. Und wer innerhalb der sozialen Rangordnung weit oben stehen möchte, braucht Anerkennung und Aufmerksamkeit – er muss lernen, sich möglichst gut in Szene zu setzen. Unsere Identität leitet sich zu einem guten Stück davon ab, wie andere Personen und soziale Gruppen uns einordnen. Ganz nach dem Motto: ‚Ich bin, was die anderen denken, was ich bin.“

Neid ist per se auch nicht Schlechtes, weil es dem evolutionären Zweck dient. Uns werden Wünsche offenbart, die uns zu Leistung antreiben. Damit wir uns aber nicht ständig minderwertig fühlen, verfügt der Mensch über einen natürlichen Schutzmechanismus, welcher dafür sorgt, den Irrglauben zu vermeiden, dass es alle besser haben als man selbst. „Normalerweise nehmen wir Unseresgleichen als Richtwert, wenn wir uns vergleichen“, sagt der Biopsychologe. Dadurch blieben Vorbilder erreichbar, die Eindrücke überprüfbar und die Reaktionen unmittelbar. Also nicht nur: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“. Sondern auch die Replik: „meine Dusche, meine Badewanne, mein Schaukelpferdchen“.

Im Internet werden wir dieser Orientierungshilfe beraubt. Unsere Vorbilder dort werden unerreichbar, die Eindrücke unrealistisch. In den sozialen Netzwerken passiert das umso schneller, je weiter wir vom eigenen Alltag oder Bekanntenkreis entfernt uns Inhalte anschauen. Aber auch im Allgemeinen glauben wir im Internet bzw. den Sozialen Netzwerken sehr schnell, dass die anderen (Freunde, Bekannte, etc.) ein besseres, spannenderes und aufregenderes Leben führen als man selbst. Dort werden aber fast ausschließlich nur positive Eindrücke und Erlebnisse mit der Öffentlichkeit geteilt. Die negativen Dinge und traurige Ereignisse hingegen spielen hier eine untergeordnete Rolle und bleiben meist privat (werden nicht bzw. nicht öffentlich gepostet). Für die Follower ergibt sich somit ein einseitiger verzerrter Blick. Dazu nehmen wir beim Vergleichen überwiegend einen subjektiven und nicht objektiv Maßstab zur Hand, der für uns insgesamt weniger vorteilhaft ist. Der so durchgeführte Vergleich schmälert natürlich deutlich die Aussagekraft, da wir uns ja nur auf einen kleinen Ausschnitt konzentrieren und nicht das große Ganze betrachten. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch eine Studie der Utah Valley University (2012) bei der Wissenschaftler die Zufriedenheit von 425 Studenten in Korrelation zur verbrachten Online-Zeit bei Facebook stellten. Je länger die Studenten Online bei Facebook waren, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, dass sie dachten, die anderen würden ein besseres bzw. interessanteres Leben führen, wie sie selbst.

Laut Prof. Dr. Walschburger regelt sich das Problem mit dem Alter von selbst. Das Gefühl, das eigene Leben sei im Vergleich langweilig, plage besonders junge Menschen. „Älteren gelingt es leichter, ihr Selbstbewusstsein und die eigene Wertschätzung vom Applaus der Gefolgschaft abzukoppeln. Gerade die Jugend aber, die sich von ihren Eltern abnabelt, um eigene Reproduktionsfamilien aufzubauen, ist stark daran interessiert, sich mit möglichst vielen anderen bekanntzumachen, sprich von einer Vielzahl von Menschen wahrgenommen zu werden. Der Mensch ist ein soziales Wesen, das für die Kooperation in kleinen Gruppen bestens ausgestattet ist. Genau genommen ist der Mensch für die Art der indirekten Kommunikation, wie sie in sozialen Netzwerken stattfindet, von Natur aus gar nicht gemacht. Auch das müssen wir wissen und bei der Wahrnehmung der Eindrücke in den Sozialen-Netzwerken berücksichtigen.

„Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit“, mahnte schon der dänische Philosoph Søren Kierkegaard. Sein französischer Kollege, der Aufklärer Montesquieu, wusste auch, warum: „Man will nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen. Und das ist deshalb so schwer, weil wir die anderen für glücklicher halten, als sie sind.“


Quellen: